Der kleine
Zeitgeist
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Der kleine
Zeitgeist
Langsam wurde die Stadt immer lebendiger, es duftete nach frisch gebackenen Brötchen und Kaffee. Der kleine Ü spazierte weiter durch das schöne Lübeck. Na gut, er schwebte. So richtig spazieren gehen können Zeitgeister ja gar nicht. Entlang der Straßen entdeckte er nun ständig so längliche, grau-schwarze Kästen mit einer leuchtenden roten Figur darin. Er hielt an und wartete, fasziniert von dem leuchtenden Kasten. Das Warten war sehr praktisch, denn er war ein wenig aus der Puste. Schließlich war er schon eine Weile unterwegs.
„Das ist ja wunderbar, diese roten Leuchtkästen sind so Dinger, die einem eine Verschnaufpause schenken bei einem langen Spaziergang! Wie praktisch! Dann muss man nicht immer die ganze Zeit nur laufen, sondern kann auch mal stehenbleiben und einfach nur gucken.“
„Das sind rote AMPELN und wir finden die ehrlich gesagt ziiiiemlich unpraktisch“, sagten da zwei freche Stimmen neben ihm. Wer war das? „Wir sind Asmin und Eslim und wir müssen jeden Tag auf dem Weg zur Schule 6 Ampeln überqueren und jeeeeeedes Mal müssen wir anhalten, weil immer die Autos grün haben und nicht die Menschen.“ Das ist ja höchst merkwürdig, sagte Ü, aber wer hat denn die Ampeln so gebaut?“. „Na die Menschen!“, sagte Eslim. „Also das ist ja verkehrte Welt“, dachte Ü und warf Eslim und Asmin einen schelmischen Blick zu. Ich frage mich, ob sich da nicht vielleicht irgendetwas machen ließe…“.
Die jungen Mädchen schienen genau zu verstehen, was er meinte, während Ü langsam hinaufschwebte zur Ampel und hineinkletterte. Es rumpelte und pumpelte und schepperte und zwischendurch kam die ganze Ampel ins Wackeln. „Upsi, das haben wir gleich“, sagte Ü und machte sich eifrig an der Verkabelung zu schaffen und zack: rote Ampel für alle Autos, grüne Ampel für alle Menschen! Eslim und Asmin begannen vor Freude zu strahlen.
„Lasst uns doch einfach mal abwarten, was passiert,“ sagte der kleine Zeitgeist, „Vielleicht mögen es die Menschen, wenn nicht immer die Autos, sondern die Menschen Vorfahrt und eine grüne Ampel haben.“ Also ihm gefiel es, den Mädchen sowieso.
Während er das sagte, fing sein kleines Näschen schon wieder an zu kitzeln, sodass er sich ordentlich an der Nase rieb. Und, kaum zu glauben, er begann schon wieder ein bisschen zu wachsen. Ein minibisschen nur, aber er wuchs. Weder der kleine Ü, noch Eslim und Asmin schienen es zu bemerken.
„Viel Spaß in der Schule!“, sagte Ü und winkte den beiden hinterher, die sich schon jetzt auf den Nachhauseweg freuten. Und zwar nicht nur, weil die Schule gerade nur so mittelgut war, sondern weil die ewige Ampelwarterei erstmal ein Ende hatte.