Max Schön

100 JAHRE POSSEHL-STIFTUNG

Interview mit dem Vorsitzenden des Vorstands der Possehl-Stiftung im Jahr 2019

Lübeck ist Ihre Heimatstadt, was bedeutet das für Sie? Wie fühlt sich das an?
Lübeck bedeutet mir sehr viel. Ich war früher als Unternehmer viel auf Reisen und habe es geliebt, nach Hause zu kommen und schon von weitem die Silhouette der sieben Türme zu sehen. Das hat mich immer wieder neu berührt. Jetzt bin ich durch meine Tätigkeit bei der Possehl-Stiftung viel vor Ort unterwegs und genieße den Vorzug, in Lübeck zu wohnen und fast alle Wege mit dem Fahrrad erledigen zu können. So kann ich Lübeck riechen und schmecken und werde auch mal nass dabei, aber ich kann die Stadt mit allen Sinnen genießen und erlebe jeden Tag, wie überschaubar und wirklich schön meine Heimatstadt ist – einschließlich ihrer nicht ganz so schicken Ecken und Kanten.

Was ist es für ein Gefühl, in erster Reihe zu sitzen, wenn man helfen kann? Gibt es Projekte, die Ihnen persönlich besonders am Herzen liegen? 
Ich finde es toll, dass wir als Stiftung auf der einen Seite große Zuwendungen leisten können, wie beispielsweise für die Integration von Geflüchteten und Migranten in unserer Stadt, auf der anderen Seite aber auch in persönlichen Notsituationen helfen können. Besonders am Herzen liegt mir tatsächlich das ganz „normale“ tägliche Stiftungsgeschäft. Auch wenn sich das für andere ein bisschen langweilig anhören mag, macht es mir sehr viel Freude. Häufig heißt es in Lübeck „Wenn gar nichts mehr geht, dann musst du zur Possehl-Stiftung gehen“. Das ist ein schönes Lob, und das darin enthaltene Vertrauen ehrt uns sehr, wenngleich auch trotz unserer Hilfe nicht alle Probleme gelöst werden können.

Die Possehl-Stiftung hat in den letzten Jahrzehnten viel zum Denkmalschutz in Lübeck beigetragen, um das Welterbe – das schöne Stadtbild – zu bewahren. Ist die Altstadt tatsächlich irgendwann mal „fertig“? 
Die Anzahl der Anträge auf die Förderung von denkmalgeschützten Häusern geht in der Tat zurück, die Lübecker Altstadt wurde in vielen Bereichen bereits saniert. Das Stadtbild hat sich seit den 80er Jahren immer weiter verschönert und ich finde, wir können heute sehr stolz auf unser UNESCO-Welterbe sein. Was allerdings nie aufhören wird, ist die Sanierung der großen Kulturdenkmäler. Dazu gehören die Backsteinkirchen der Altstadt, die trotz des großen Engagements der Kirche immer auf die Hilfe von Stiftungen angewiesen sein werden. Neuere Förderanträge beschäftigen sich vermehrt mit dem Wissen um unsere (Bau-)Geschichte, neuen Medien und der Digitalisierung von Kulturgütern, damit auch die nachfolgenden Generationen das Welterbe zu schätzen wissen und es mit Freude bewahren. 

Die Stiftung hat bislang viel erreicht und gefördert. Gibt es Pläne für die Zukunft?
Nun, unsere Stiftungsarbeit hängt immer von den gestellten Anträgen ab und unsere historischen Stiftungsziele gelten dabei auch heute noch. Wir tragen dazu bei, das schöne Stadtbild zu erhalten, gemeinnützige Einrichtungen in Lübeck zu unterstützen, Kunst und Wissenschaft zu pflegen, die Jugend zu fördern und die Not der Bedürftigen zu lindern. Daran wird sich auch künftig nichts verändern. Aber eine neue Entwicklung gibt es doch. Wir wollen zukünftig auch solche Projekte fördern, die nicht ausschließlich in Lübeck wirken, sondern auch über Lübecks Grenzen hinaus. Nicht, damit die Stiftung nach außen glänzen kann, sondern um den Blick von außen auf Lübeck zu lenken. So verleihen wir in diesem Jahr erstmalig den Internationalen Possehl-Kunstpreis für zeitgenössische Künstler, der in Verbindung mit dem Kunstpreis für Lübecker Künstler unsere Stadt in einem neuen Licht erscheinen lassen wird. Zudem fördern wir das Jugend-Netzwerk SAME, das „Solidarity Action Day Movement Europe", welches sich mit seinem Büro in Lübeck angesiedelt hat und sich für interkulturellen Austausch und internationale Solidarität in Europa einsetzt. Damit wird Lübeck zum Treffpunkt junger Menschen aus ganz Europa, um sich über politische und gesellschaftliche Zukunftsfragen auszutauschen. Das ist für uns als Stiftung – wie auch für mich persönlich – wirklich eine große Freude!

MEIN GRÖSSTER WUNSCH IST ES, DASS DIE FRÜCHTE MEINES LEBENSWERKES MEINER GELIEBTEN VATERSTADT, DER FREIEN UND HANSESTADT LÜBECK, ZU GUTE KOMMEN MÖGEN

Emil Possehl

MEINER GELIEBTEN VATERSTADT…

Lübeck, die Stadt der Stiftungen

Lübeck ist eine Stadt des Bürgersinns und der Kümmerer, denen ihre Heimatstadt und die Menschen, die darin leben, am Herzen liegen. Sie engagieren sich und übernehmen Verantwortung, viele zu Lebzeiten und viele auch über ihren Tod hinaus. Mehr als 100 Stiftungen gibt es heute in Lübeck, die sich sozialen und kulturellen Projekten widmen.

Der Lübecker Unternehmer Emil Possehl (1850 – 1919) verfügte in seinem Testament: MEIN GRÖSSTER WUNSCH IST ES, DASS DIE FRÜCHTE MEINES LEBENSWERKES MEINER GELIEBTEN VATERSTADT, DER FREIEN UND HANSESTADT LÜBECK, ZU GUTE KOMMEN MÖGEN. Diesem Wunsch ihres Stifters entsprechend fördert die Possehl-Stiftung seit nunmehr 100 Jahren in der Hansestadt Lübeck „alles Gute und Schöne“. Seit 1950 stellte die Possehl-Stiftung über 325 Millionen Euro für ihre gemeinnützigen Stiftungszwecke bereit. Das bisher wohl größte Fördergeschenk an die Bürger der Stadt ist die Kunsthalle St. Annen, die mit dem St. Annen-Museum das heutige Museumsquartier bildet. Als Gesellschafterin ist die Stiftung am Europäischen Hansemuseum sowie am zurzeit im Umbau befindlichen TheaterFigurenMuseum und Figurentheater Lübeck beteiligt.

© Johannes Berger

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